Zwei Jahre »Laberfach«! 🤯🥳🎉
Und natürlich seid ihr zur Geburtstagsparty eingeladen! Ihr habt uns Fragen und Themen geschickt, damit wir etwas zum Labern haben. Wie immer geht es ums Lesen, gute Bücher, lustige Geschichten und etwas Schule.
Danke für zwei großartige Jahre, liebe Hörer:innen! Auf viele weitere! 🍻💚
Autor: Stefan
#36: Der Naturalismus (Epochen-Lexikon)
Wem die Realismus-Folge zu weichgespült war, der kommt heute voll auf seine Kosten:
Während ab den 1870ern die Arbeiter bis aufs Blut ausgebeutet und die Frauen belächelt und kleingehalten wurden, veranstaltete das Deutsche Reich in seinen neuen Kolonien seinen ersten Völkermord. Die Autor:innen der Epoche schlugen ihrem Publikum diese ganzen Abgründe komplett ungeschönt literarisch um die Ohren.
Dabei mussten wir feststellen, dass viele der Themen noch unangenehm aktuell sind. Also eine Epoche für den heutigen Lehrplan…?
Es gibt mal wieder Schweinkram! 🐷
Frank Wedekinds »Frühlings Erwachen« bringt die überfordernde Welt der Pubertät auf die Bühne: In der einen Szenen tuscheln die Gymnasiast:innen noch awkward darüber, wo eigentlich die Babys herkommen. Plötzlich geht es um Suizidgedanken, gewalttätige Eltern und ein zynisches Schulsystem, nur damit sich Hänschen im übernächsten Moment einen auf der Bühne herunterholt.
Das wilde Hakenschlagen zwischen drastischen Schockszenen und wilder Cringe-Comedy hat uns ganz schön in Atem gehalten. In jedem Fall wild, dass so etwas regelmäßig in Schulklassen gelesen wird. Aber auch zu Recht?
Wenn Leute von ihrer Schulzeit erzählen, meinen viele, sie hätten im Unterricht 9, 10, 13 Jahre nur über die Nazi-Zeit gesprochen. Was davon zu halten ist, sei mal dahingestellt, aber Romane aus der NS-Zeit sind auch in Deutsch gängig:
Arno Geigers »Unter der Drachenwand« beginnt 1943 an der Ostfront – aber erzählt von den Menschen abseits des Kriegsgeschehens und brauner Uniformen. Im romantisch angehauchten Dorf »Mondsee« suchen sie einen Alltag im Krieg mit Beziehung, Familie, Trauma-Verarbeitung, Sucht, ständiger Sorge und häufig auch: bleierner Langeweile.
Der bisher dickste (480 Seiten!) und aktuellste (2018!) Schinken in diesem Podcast steht zurzeit im Lehrplan der Deutsch-Leistungskurse in NRW. Vielleicht kennt ihr ja jemanden, dem die Folge bei der Abi-Vorbereitung helfen könnte.
Trotz des bitteren Themas: Gute Unterhaltung!
Eine Podcast-Folge wie Urlaub! ☀️
Also so ein richtiger Scheiß-Urlaub:
Überfüllte Strände, Bullenhitze, überall Faschisten und ein zweitklassiger, versoffener Zauberkünstler zur Abendunterhaltung. Thomas Mann mutet uns einiges zu, besonders wenn sich herausstellt, dass der hässliche Taschenspieler mit dem Hitlerbärtchen das Publikum nicht nur mit Mathe-Aufgaben ärgert, sondern mit knallender Peitsche und Massenpsychologie seinen freien Willen brechen möchte…
Bei dieser Folge kamen wir auch als Pädagogik-, Musik- und Geschichtslehrer:innen sehr auf unsere Kosten. Wir wünschen ebenfalls viel Spaß bei der Vorstellung! Peitschengeräusch
Real Stuff mit ein bisschen Glitzer! ✨
Wir sind mal wieder Symbol-schwanger »von’s Schloß« auf die ganz weiten Felder der Literatur ausgeritten und begegneten dabei beunruhigend vielen Eheschließungen zwischen Cousins und Cousinen. Also wirklich verstörend vielen. Macht da bloß kein Trinkspiel draus! 😱
Zum Glück gab es auch jede Menge Landschaft, tanzende Nerd-Uhren, mehr Landschaft, bitteren Zynismus und einige »Prachtpopös« zur Ablenkung.
Wir wünschen gute Unterhaltung und wie Caro und Wilhelm Busch so schön sagen:
»Ende gut, alle tot.«
#31: Patrick Süskind – Das Parfum ☠️
Frohes Neues!
Die Laberfach-Crew startet maximal ekelhaft ins neue Jahr und entführt euch diesmal auf den Pariser Fischmarkt im Hochsommer 1738, wo zwischen blutigem, ranzigem Fischgekröse und ungewaschenen, notdürftig überparfümierten Spätbarock-Stinkern direkt auf der Schlachtbank ein Protagonist zur Welt kommt, der noch widerlicher als das ganze Drumherum werden soll.
Patrick Süskinds „Das Parfum“ (1985) ist nichts für schwache Mägen, aber vielleicht ja etwas für den Deutsch-Lehrplan? Spoiler: Diesmal knallen starke Meinungen aufeinander… 🙈
Sperrt das Schietwetter vors Fenster und wärmt den Grog vor:
Diesmal begleiten wir Hauke Haien (bester Name!) auf seinem stürmischen Ritt (pun intended), angefangen beim friesischen Sheldon Cooper; über den Watt-Dämonen- und Zombie-Pferde-Leugner; zum liebevollen und dauergestressten Familien-Papa, hin zum (wohlwollenden?) Deich-Diktator und letztendlich zum Touristen erschreckenden Sturmflut-Phantom.
Passt das alles noch in den Lehrplan?
Geschichtslehrer (Anfang / Mitte 30), der gewaltig etwas gegen Nazis hat: Auf den ersten Blick könnte der Protagonist von Ödön von Horváths »Jugend ohne Gott« direkt unserer Laberfach-Crew entsprungen sein!
Wir waren verblüfft, wie präzise der 1937 erschienene (und von den Nazis postwendend verbotene…) Roman bereits die fischige Methodik und paramilitärische Ferienlager-Romantik des »Plebejer«-Regimes durchschaut – und mit Gewissheit den Weltkrieg vorhersagt. Ach ja: Und nebenbei wird noch fix geklärt, ob LED-Totenköpfe ein schickes Accessoire sind und ob es eigentlich Gott gibt.
Gehört so ein „sattes Buch“ (Zitat Hannah) in den Lehrplan?
Wir spielen heute ein Epochen-Doppel in der Arena um 1848:
Während der Vormärz dem protestierenden Bürgertum auf Flugblättern den Soundtrack seiner Revolution gegen gekrönte Perücken und für ein geeintes Deutschland lieferte, schrieb der Biedermeier die poetische Begleitung für familiäre „Wir sprechen hier nicht über Politik!“-Sonntagnachmittage beim Kompott-Einmachen.
Wie zwei so widersprüchliche Literaturströmungen zusammenpassen, während in Berlin, Wien und Frankfurt die geplante deutsche Revolution mit 1848 km/h gegen die aristokratische Wand krachte, hört ihr in dieser Folge mit der großartigen Caro Blofeld.
Und Heinrich Heine ist natürlich auch wieder dabei!